Amazon ist für viele Buchhändler ein rotes Tuch. Und obwohl ich die Kritik nur in Teilen nachvollziehen kann – in einer Hinsicht hat die Buchbranche recht: dass der Kindle ein eigenes, proprietäres Textformat hat und es nicht möglich ist, Bücher bei einem anderen Händler als Amazon zu kaufen, ist alles andere als verbraucherfreundlich.
Ich habe mir deswegen einen Kobo Reader gekauft, der es mir erlaubt, E-Books mit der Adobe Digital Editions Software entweder im Onlineshop der Buchdisko – dem Bücherladen in meinem Kiez – oder direkt bei der Libri-Tochter ebook.de zu kaufen. Beides kommt auf das gleiche hinaus, denn der Onlineshop der Buchdisko beruht auf dem Angebot von Libri.
Als ich kürzlich ein englisches Buch kaufen wollte, musste ich allerdings schlucken: das Buch sollte 57,09 Euro kosten – das ist mehr als doppelt so teuer wie die gebundene Version und mehr als viermal (!) so teuer wie die Kindle-Version.
Auf meine Anfrage, wie ebook.de zu solchen Mondpreisen kommt, antwortete der Kundendienst lediglich:
Die ebooks, welche Sie bei Amazon für den Kindle kaufen, lassen sich nur schwer mit denen von ebook.de vergleichen, da es sich um zwei verschiedene Anbieter handelt. Bitte beachten Sie, dass auch wir uns an die Buchpreisbindung halten müssen.
Buchpreisbindung? Auch der Kundendienst von ebook.de sollte wissen, dass die Buchpreisbindung auch für Amazon gilt – aber selbstverständlich nur für deutsche Bücher.
Und natürlich lassen sich die E-Books von Amazon und ebook.de vergleichen – es sind ja die gleichen Bücher. Klar, Kindle-Bücher sind restriktiver hinsichtlich der Nutzungsrechte – deswegen wollte ich ja auch keinen Kindle. Und bei vielen englischsprachigen Büchern (vor allem aktuellen) unterscheiden sich die E-Book-Preise bei ebook.de und Amazon kaum. „Winners“ von Alastair Campbell kostet als Kindle 14,52 Euro und als DRM-geschütztes E-Book bei ebook.de 14,99 Euro.
Es sind nur ein paar Bücher, bei denen die Kunden von ebook.de offensichtlich für dumm verkauft werden und einen Preis zahlen sollen, der so jenseits von gut und böse ist, dass es auch eine Fantastilliarde Euro sein könnten. Es gleicht einem Glücksspiel, ob ich bei ebook.de einen akzeptablen Preis für ein englischsprachiges Buch angeboten bekomme – oder ausgenommen werde. Also schaue ich lieber gleich woanders.
Leid tut es mir nicht um Libri oder ebook.de, sondern um die kleinen Händler wie die Buchdisko, deren Onlineshops von den großen Zwischenhändlern abhängig sind. Die größte Gefahr für diese Händler ist nicht Amazon, sondern ein deutscher Großhändler.
Die irre Preispolitik bei fremdsprachigen E-Books setzt sich neuerdings bei deutschen Büchern fort: die Branche diskutiert derzeit, unter welchen Bedingungen sie Rabattaktionen bei E-Books erlauben möchte. Verlage können Rabatte für einen gewissen Zeitraum einräumen, diese müssen aber deutschlandweit einheitlich sein, so dass die Buchpreisbindung gewahrt bleibt.
Damit schwächt die Branche, die sonst jede Aufweichung der Buchpreise mit Zähnen und Klauen verteidigt, ihre eigene Position. Denn wenn Rabatte erst einmal regelmäßig bei E-Books gegeben werden – warum sollte dies dann nicht bei gedruckten Büchern ebenfalls möglich sein? Die Buchpreisbindung würde auf einmal in Frage gestellt werden.
Letzten Endes habe ich übrigens doch noch ein angemessenes Angebot für das englischsprachige Buch bekommen, dass ich mir kaufen wollte: im Google Play Store kostet das E-Book nur knapp 17,00 Euro – und lässt sich problemlos auf meinen Kobo Reader übertragen. Aber warum kriegen offensichtlich nur amerikanische Riesen faire Preise hin und nicht auch deutsche Anbieter?
Foto: Maria Elena, Lizenz: CC BY 2.0