Wir begegnen Künstlicher Intelligenz meist, ohne sie zu bemerken – im Newsfeed eines sozialen Netzwerks oder beim Suchen im Internet. Manchmal wüssten wir gerne, wenn wir ihr begegnen – etwa wenn unsere Bewerbung automatisch geprüft wird. Und gelegentlich sind Begegnungen mit ihr alles entscheidend – etwa in der Medizin oder beim predictive policing.
Nach dem PC, dem Smartphone und der Cloud ist Künstliche Intelligenz die nächste Technologie, die unsere Welt grundlegend verändern wird. Zeit also, sich näher damit zu befassen.
Zwei Bücher sind im vergangenen Jahr zum Thema erschienen, die versuchen, die aufgeregte Debatte um Künstliche Intelligenz einzuordnen. In „Hello World“ (Amazon-Link) beschreibt die Mathematikerin Hannah Fry, wie Algorithmen funktionieren, wie sie eingesetzt werden – aber auch, warum ein Algorithmus vermutlich kein ergreifendes Liebeslied komponieren kann. Und „Wir und die intelligenten Maschinen“ (Amazon-Link) von Jörg Dräger und Ralph Müller-Eiselt wirft einen Blick darauf, wie wir Algorithmen in den Dienst der Menschen stellen können.
Beide Bücher verweisen auf ähnliche (und oft bereits bekannte) Beispiele – algorithmische Systeme in der Justiz, im Verkehr oder der Medizin. Und beiden Büchern gelingt eines sehr gut: Algorithmen weniger allmächtig erscheinen zu lassen. Denn auch wenn es mit den besten Intentionen eingesetzt wird: ein Computerprogramm ist nur so fair wie die Programmierer, die es geschrieben haben.
Und wenn eine Software, die eine Liste mit potenziellen Gefährdern nicht für die Gefährderansprache, also für die Prävention, sondern als Ermittlungswerkzeug nach einem Verbrechen eingesetzt wird, darf man dies nicht dem Programmierer, sondern dem Nutzer vorwerfen.
„Software is eating the world“, schrieb der legendäre Investor Marc Andreessen 2011. But we feed the algorithms, muss man im algorithmischen Zeitalter wohl hinzufügen.
Es sei ein Fehler, Algorithmen als eine nahezu fehlerfreie Autorität zu betrachten, weil wir sonst in Gefahr geraten, von Programmen und ihren Schöpfern ausgebeutet zu werden, schreibt Fry.
Und auch Dräger und Müller-Eiselt plädieren für algorithmic literacy: „Algorithmisches Denken ist gewissermaßen die Grammatik unserer digitalen Gesellschaft“, schreiben sie. „Man braucht sie nicht nur, um eine bestimmte Sprache besser zu sprechen, sondern vor allem, um die Struktur des Gesamtsystems zu verstehen.“
Mit ihren Büchern helfen Fry und Dräger / Müller-Eiselt zu verstehen, dass Algorithmen uns zwar viele Entscheidungen erleichtern können – uns aber nicht der Verantwortung für die Konsequenzen entledigen können.
Foto: Amanda Dalbjörn / Unsplash