
Zwölf Monate – zwölf Bücher. Das war mein Ziel für das Jahr 2022 und am Ende sind es sogar siebzehn Bücher geworden. Dieses Jahr beginnt mit einem zugegebenermaßen etwas nerdigem Tipp … Habt ihr auch eine Emfehlung für mich? Ich freue mich auf eure Tipps in den Kommentaren!
Moshe Hoffmann, Erez Yoeli: Hidden Games
Warum eskalieren manche auf den ersten Blick banalen Konflikte? Warum ist Geschichte so entscheidend für territoriale Ansprüche eines Staates? Warum ist „spin“ in der Politik so wichtig und wie kann man „spin“ enttarnen? Spieltheorie hat ein enormes Potenzial für die Analyse politischer Prozesse, bleibt aber oft abstrakt und scheint „irrationale“ Aspekte von Politik wie etwa Ideologie und Emotionen zu ignorieren. In ihrem kurzen Buch widmen sich Hoffmann und Yoeli genau der Frage, wie beschränkte Rationalität in spieltheoretische Modelle eingebunden werden kann und schließen damit eine wichtige Lücke zwischen Theorie und Praxis.
Jeremy Myerson, Philip Ross: Unworking
In der post-pandemischen Welt hat das Büro seine Rolle als zentraler Ort der Arbeit verloren und seine neue Bestimmung noch nicht gefunden. Myerson und Ross schlagen in ihrem Buch einen Bogen von der Historie des Büros bis zur Gegenwart und beschreiben anhand von Konzepten wie „experience", „urbanism" oder „diversity", wie Büros der Moderne ihren Platz in einer Welt finden können, in der Arbeit nicht nur ein Ort ist, sondern eine Tätigkeit, die an den unterschiedlichsten Orten stattfinden kann.
Teresa Bücker: Alle Zeit
In ihrem lesenwerten Buch entwirft Teresa Bücker die Konturen einer „Zeitpolitik“, die eine gerechte Verteilung dieser wertvollsten Ressource in den Blick nimmt, damit elementare Ungleichheiten in unserer Gesellschaft wie Gleichberechtigung und Armut überwunden werden können. Bücker plädiert dafür, den bisherigen zeitpolitische Dreiklang von „Eat, Sleep, Work, Repeat“ aufzulösen und so Zeit für Care-Arbeit, echte „Frei-“ Zeit, für Familie und Zeit für politisches Engagement zu schaffen. Ein starkes und radikales Plädoyer, Zeit als politisches Thema zu entdecken.
Kate Crawford: „Atlas of AI"
In ihrem Buch „Atlas of AI" wirft die Kommunikationswissenschaftlerin Kate Crawford einen Blick auf diejenigen Aspekte, die im Kontext von Künstlicher Intelligenz oft übersehen werden: Die Bedingungen, unter denen die Seltenen Erden gewonnen werden, die für die Herstellung von Computer-Chips unerlässlich sind, die Arbeit der Content-Moderatoren, die KI-Modelle trainieren, die unvollständigen und zum Teil verfälschten Daten selber und die umstrittenen anthropoligischen Modelle, mit denen zum Beispiel Gesichtserkennungssoftware trainiert wird. Dass Crawford sich diesen Themen widmet, ist ein wichtiger Beitrag zur Debatte (erst Recht, wenn man bedenkt, dass das Buch bereits vor drei Jahren erschienen ist). Dass sie dabei manchmal einen etwas effekthaschrischen Ton wählt, schmälert die Kraft des Arguments aus meiner Sicht etwas.
Oliver Burkeman: „Four thousand weeks“
Tausende von Ratgebern und Tools helfen uns dabei, produktiver zu werden. Aber: „Produktivität ist eine Falle“, schreibt Burkeman. Je effizienter wir werden, desto mehr Aufgaben landen auf unserem Schreibtisch. Anstatt einfach „mehr“ zu schaffen, richtet Burkeman das Augenmerk darauf, das „Richtige“ zu tun, um die viertausend Wochen, die wir im Durchschnitt leben, möglichst sinnstiftend zu gestalten.
Adam Grant: „Give and Take"
Adam Grant ist nicht umsonst Bestseller-Autor und einer der bekanntesten Organisationspsychologen der Welt: Seine Bücher stellen immer den Menschen in den Mittelpunkt der Organisation und auch wenn die These, dass Menschen, die mehr Geben als Nehmen erfolgreicher (und zufriedener) sind, relativ simpel erscheint, ist sie doch auf einer Vielzahl von Studien gestützt, was Grant auf angenehme Weise von anderen Autoren populärwissenschaftlicher Bücher absetzt, die ihre Thesen oft auf nur vage empirische Grundlagen stellen.
Keith Ferrazzi: „Leading without authority“
Die hilfreichen Bücher des Netzwerkexperten Keith Ferrazzi haben mich während meiner gesamten Karriere begleitet: Während „Never eat alone“ mir als Berufseinsteiger beim Aufbau eines persönlichen Netzwerks half, befasst sich „Leading without authority“ mit dem Aufbau von professionellen Beziehungen auf eine Teamebene, was das Buch zu einer unverzichtbaren Lektüre für alle Führungskräfte macht. „Leading without authority“ richtet sich jedoch nicht nur an Personalverantwortliche, sondern an jeden einzelnen Mitarbeiter. Beruflicher Erfolg, so Ferrazzi, ist ohne berufliche Netzwerke nicht möglich. Der Aufbau von professionellen Beziehungen zu Kolleginnen und Kollegen durch das, was Ferrazzi „co-elevating“ nennt, ist daher für jede Arbeitnehmerin und jeden Arbeitnehmer, Managerin oder nicht, von entscheidender Bedeutung. Ferrazzi schreibt anschaulich und unterhaltend mit vielen praktischen Beispielen, die die Leserin oder der Leser direkt anwenden kann. Eine Pflichtlektüre.