
Das gute an der Pandemie ist, dass ich wieder mehr Bücher lese. Inspiriert vom zweifellos wortgewandteren und wesentlich beleseneren Denis Scheck empfehle ich hier, welche Bücher sich lohnen – und welche nicht. Ich freue mich natürlich auch über eure Empfehlungen in den Kommentaren!
Linda Seefeld: „Achtsamkeit mit Kindern“
Ich weiß gar nicht mehr, wer dieses Buch empfohlen hatte, aber Eltern, die sich selber zumindest etwas mit Achtsamkeit befassen werden hier kaum Neues finden. Besser gefällt mir „Du bist fantastisch“ von Sophie Linde, das man gemeinsam mit seinem Kind liest.
Friedrich Engels: „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“
2020 war der 200. Geburtstag von Friedrich Engels. Grund genug, seine Studie über die Arbeiterklasse in Manchester, eine der ersten sozialwissenschaftlichen Studien überhaupt, einmal zu lesen. Die Themen, die Engels bewegen – die Auswirkung von Automatisierung auf die Arbeiter und die Spaltung der Gesellschaft zwischen einer „abgehobenen“ Klasse der Bourgeoisie und der Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung – sind jedenfalls nach wie vor aktuell.
Michael Crichton: „Jurassic Park“
In den letzten Wochen habe ich jeden Film der „Jurassic Park“-Serie noch einmal gesehen – und ja, vor allem der erste Film aus dem Jahr 1993 setzte filmische Maßstäbe. Das sollte aber nicht vergessen machen, dass auch die Romanvorlage extrem spannend ist – und Dank dieser neuen illustrierten Ausgabe der Folio Society auch ein echter Augenschmaus.
Denkfabrik (Hg.): Verbündet Euch!
In diesem Buch verbünden sich erstmalig Politiker*innen von SPD, Grünen und Linkspartei sowie Vertreter*innen aus Wissenschaft, Kultur, Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft, um einen progressive Politik zu skizzieren, die Diversität, Ökologie, Teilhabe und eine starke Demokratie repräsentiert. Oft streitbar und kontrovers, aber auch klug und anregend zu lesen.
Brude Tulgan: The art of being indispensable at work
In modernen Organisationen ist das Zusammenarbeiten mit Menschen, die man nicht direkt anweisen kann, die Norm. Bruce Tulgan ist überzeugt, dass die Fähigkeit, andere dazu zu bewegen, einem zu helfen nicht durch Manipulation oder andere Formen der negativen Einflussnahme erreicht werden kann, sondern indem man anderen dabei hilft, ihre Aufgaben besser zu erledigen. Und er beschreibt, wie Organisationen auf diese Weise eine Kultur der Exzellenz schaffen können.
Arne Jysch: Der nasse Fisch
„Der nasse Fisch“ basiert auf dem gleichnamigen Roman, der die Vorlage für die erste Staffel von „Babylon Berlin“ ist. „Babylon Berlin“-Fans werden die Geschichte also kennen, aber als Graphic Novel erhält der erste Berliner Fall von Gereon Rath eine neue Form, die einen eigenen Zugang zu der Geschichte ermöglicht. Ein zweiter Band ist bereits in Arbeit.
Stuart Russel: Human compatible
Fragt man Richard David Precht, ist die Existenz des Menschen durch die Entstehung von „Super-KI“ bedroht. Der Computerwissenschaftler Stuart Russel erläutert in diesem auch für Laien gut lesbaren Buch, wie man KI so gestalten kann, dass sie dem Menschen nutzt – auch wenn wir selber oft nicht so genau wissen, was wir eigentlich wollen. Im lokalen Buchhandel kaufen
Rutger Bregman: „Im Grunde gut“
Dieses Buch ließ mich etwas ratlos zurück: Einer Fülle von philosophischen Texten und Experimenten, die zu belegen scheinen, dass der Mensch ein selbstsüchtiges Wesen ist, stellt Bregman ebenso viele Studien entgegen, die das Gegenteil beweisen sollen. Dabei nennt er viele tolle Beispiele für humane Organisationen, vom Pflegedienst Buurtzorg bis zum Bürgerhaushalt in Porto Alegre. Aber er beschreibt auch, wie Konformismus den Nationalsozialismus befeuerte. Am Ende bleibt die Erkenntnis: Vielleicht ist der Mensch weder „gut“ noch „böse“, sondern frei und wir müssen einen genaueren Blick darauf werfen, wie Organisationen unser Tun in die eine oder andere Richtung prägen.
Philippa Perry: „The Book You Wish Your Parents Had Read (and Your Children Will Be Glad That You Did)“
Ein sehr lehrreiches Buch (nicht nur) für Eltern: Philippa Perry definiert Elternschaft in erster Linie als das Pflegen einer der wichtigsten Beziehungen eines jeden Menschen und gibt ihrem Buch damit mehr Tiefe als andere, eher „problemorientierte“ Ratgeber. Und sie identifiziert Verhalten als Kommunikation und erlaubt es Eltern so, „schlechtes“ Benehmen als Versuch einer Kommunikation wahrzunehmen, vor allem bei Kindern, die es noch nicht gewohnt sind, ihre Gefühlswelt in Worte zu fassen.
Lisa Herzog: „Die Rettung der Arbeit"
Dieses sehr plakativ argumentierende Buch bietet wenig neue Einsichten in die Zukunft der Arbeit. Die simple Kapitalismuskritik der Autorin übersieht die Tatsache, dass die Wirtschaft heute wesentlich vielfältiger ist als ein simpler Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit und dass moderne Führungsmethoden heute eher in börsennotierten Unternehmen zu finden sind als in Familienunternehmen.
Samantha Power: „The Education of an Idealist“
Ich bin kein großer Fan von Autobiographien, deswegen lag dieses Buch lange auf meinem Nachttisch. Samantha Powers' Geschichte ist es jedoch wert, erzählt zu werden: Eine irische Emigrantin, die als junge Kriegs-Reporterin auf dem Balkan mit einem empörten Buch auf die Tatenlosigkeit der USA bei einem Genozid hinweist, erfährt als UN-Botschafterin von Präsident Obama die Grenzen politischer Handlungsfähigkeit — und wie man trotzdem seinen Gestaltungsspielraum nutzen kann um die Welt etwas besser zu machen.