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Die streitbare Mission des Berggruen Institute

Die streitbare Mission des Berggruen Institute

Erst rettete er Karstadt, nun will er die ganze Welt retten: Nicolas Berggruen, der milliardenschwere amerikanische Investor deutscher Herkunft, will mit seinem Nicolas Berggruen Institute frische Ideen in die Politik einbringen und “politische Strukturen und Institutionen” verändern. Das 2009 in New York gegründete Institut kann mit einer Vielzahl schillernder Prominenter aufwarten, die das Institut unterstützen, darunter Gerhard Schröder, Chris Patten, Joseph Stiglitz und Fareed Zakaria.

Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung spricht Berggruen über die Hintergründe seines Instituts und auch darüber, dass das Berggruen Institute mehr als ein reiner Think Tank sein soll:

Es gibt zahlreiche Think Tanks, die Forschung betreiben, und das machen sie auch sehr gut. Aber sie veröffentlichen Papiere und können nicht selbst dementsprechend agieren. Wir wollen beides: gute Ideen generieren und sie in der wirklichen Welt realisieren.

Das erste Projekt betrifft den US-Bundesstaat Kalifornien, der – wenn es nach Berggruen geht – kräftig umgekrempelt werden soll:

Die dafür nötigen Ideen haben wir bereits gesammelt. Einige sind kurzfristig und betreffen das Budget, Steuern und dergleichen. Andere sind langfristig und sehr strukturell: term limits, saving plans, einen unpolitischen Senat, neue Wahlgesetze und -prozesse.

Es geht also nicht nur um einzelne Ideen, sondern um das große Ganze, einen Masterplan für das Land. Und damit stellt sich natürlich die Frage der Legitimation, damit es dem Berggruen Institute nicht so geht wie der Bertelsmann Stiftung, die von Kritikern bereits als “Schattenkabinett” der “Bertelsmann Republik Deutschland” bezeichnet wird.

Berggruen scheint das Risiko erkannt zu haben, beruft sich aber auf die Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und die Unterstützung von Bürgerinitiativen, die die Akzeptanz der Bürger sicherstellen soll. Aber ein Think Tank, der nicht nur politische Ideen verbreitet, sondern gleich politische Systeme verändern will? Der sich nicht nur für die Policy-Dimension eines Problems befasst, sondern gleich an polity, also die politische Struktur eines Landes, denkt? Der die politische DNA verändern will?

Das mag in den Augen mancher Beobachter nur konsequent sein, andere werden meinen, dass das Institut damit einen Schritt zu weit geht. Meine Prognose: das Berggruen Institute wird sicherlich trotz gut gemeinter Absichten auf viel Widerstand stoßen – in der Politik, aber auch unter den Bürgern. Was meinen Sie?

UPDATE 04.02.2013: Nicolas Berggruen und Nathan Gardels stellen in einem aktuellen Buch die Ideen ihres Think Tanks etwas genauer vor. Das Think Tank Directory hat das Buch “Intelligent Governance for the 21st Century” rezensiert.

Dieser Blogpost ist zuerst auf thinktankdirectory.org erschienen.

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