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Digitalisierung: Was der Staat (nicht) tun sollte

Digitalisierung: Was der Staat (nicht) tun sollte

Ein aktueller Beitrag von Nils Heisterhagen in der Zeitschrift Internationale Politik und Gesellschaft zeigt beispielhaft, was in der deutsche Digitalisierungsdebatte leider immer noch häufig schief läuft.

Ohne staatlich-öffentliche Infrastruktur kein florierendes digitales Ökosystem. Daraus sollte Deutschland lernen.

Dass der Staat eine wichtige Rolle für die Entwicklung von Leitinnovationen spielt die dann die Grundlage für weitere Innovationen legen wurde von der italienisch-amerikanischen Ökonomin Mariana Mazzucato in ihrem Buch „Das Kapital des Staates“ (Amazon-Link) umfassend beschrieben. Allerdings ist gerade die Grundlagenforschung in Deutschland bereits exzellent.

Es reicht also nicht, wie Heisterhagen schreibt, ein „deutsches Stanford“ zu schaffen und dafür die TU Berlin zu schließen. Wohl aber sollten Universitätsmitarbeiter motiviert werden auszugründen und nicht nur technische Innovationen, sondern auch neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Das Wirtschaftsmodell Deutschlands ist nicht auf Disruption ausgelegt, sondern auf inkrementelle Weiterentwicklung.

Es ist richtig, dass es in absehbarer Zukunft vermutlich kein deutsches Google oder Facebook geben wird und wir uns hierzulande eher auf die Digitalisierung derjenigen Märkte konzentrieren sollten, in denen wir bereits heute führend sind wie etwa dem Maschinenbau.

Ob wir dabei allerdings, wie Heisterhagen vorschlägt, auf einen kooperativen anstelle eines rein marktorientierten Ansatz setzen sollten erscheint fragwürdig.

Kooperative Modelle wie etwa der Kartenanbieter HERE, der von einem Konsortium von Automobilkonzernen getragen wird, können durchaus sinnvoll sein. Und auch die Einbeziehung der Sozialpartner in die Digitalisierungsstrategien der Unternehmen ist eine notwendige Voraussetzung für den Erfolg.

Eine „koordinierte Marktwirtschaft“ darf jedoch nicht dazu führen, dass einzelne Unternehmen oder Branchen vor Wettbewerb geschützt werden. Wirtschaftsminister Altmaiers „Nationale Industriestrategie 2030“ jedenfalls klingt streckenweise mehr nach Koordination als nach Marktwirtschaft. Umgekehrt zeigen Unternehmen wie kloeckner.i, dass auch etablierte deutsche Unternehmen disruptiv sein können.

In einem Punkt gebe ich Heisterhagen jedoch uneingeschränkt Recht, und das ist die Bedeutung von Bildung und Weiterbildung. Es ist wenig realistisch, den Bildungsföderalismus durch ein nationales und zugleich flexibles Bildungssystem zu ersetzen. Und es ist – leider – wohl auch so, dass Arbeitgeberverbände wenig begeistert von der Idee sind, die Kosten für eine stetige Weiterbildung zu tragen.

Hier ist in der Tat die Bundesregierung und insbesondere das SPD-geführte Arbeitsministerium gefragt, das mit der Nationalen Weiterbildungsstrategie den richtigen Weg einschlägt. Und auch die Unionsfraktion hat mit ihrem Konzept für das „Bildungs-Netflix Milla“ einen interessanten Vorschlag gemacht.

Es ist nicht so, dass ein „deutsches Stanford“ oder mehr Kooperation zwischen Unternehmen per se schlechte Ideen sind. Die Gefahr besteht allerdings, dass am Ende nicht mehr als bloße Symbolpolitik dabei herauskommt.

Statt dessen sollte sich der Staat auf den einen Faktor konzentrieren, auf den es bei der Digitalisierung wirklich ankommt – den Menschen.

[Tweet “Was in der deutschen Digitalisierungsdebatte immer noch falsch läuft – eine Replik”]

Foto: Alex Knight / Unsplash

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