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Autokratien, Demokratien und Staatsverschuldung

Autokratien, Demokratien und Staatsverschuldung

Griechenland, so nicht nur der Historiker Hans-Ulrich Wehler, befindet sich längst schon nicht mehr alleine in einer Finanz- sondern auch in einer Demokratiekrise. Diese Feststellung wirft die Frage nach dem Zusammenhang zwischen dem politischen Gemeinwesen und seiner Finanzierung auf.

[aartikel]0691126321:right[/aartikel] Die Frankfurter Allgemeine Zeitung veröffentlichte dazu vor einiger Zeit einen lesenswerten Artikel über die Geschichte des Staatsbankrotts. “Der Schuldenstaat ist die Wiege der modernen Demokratie”, so zitiert die Zeitung darin den ehemaligen Investmentbanker James MacDonald, der zu diesem Thema ein ganzes Buch geschrieben hat (“A free nation in debt. The financial roots of democracy”, Princeton University Press 2006). Denn als der Staat im 14. Jahrhundert anfing, sich bei seinen Bürgern Geld für das Gemeinwesen zu leihen, verlangten diese im Gegenzug eine stärkere Kontrolle über die Staatsausgaben durch demokratische Mitbestimungsrechte.

Die Demokratie bringt allerdings auch die Gefahr einer Überschuldung mit sich, und zwar in dem Maße, wie Bürger zunehmend nicht durch Erwerbsarbeit leben, sondern durch Transferzahlungen wie Sozialhilfe oder Rente. Weil Transferempfänger dadurch eine immer größere Wählermasse stellen, steigt die Versuchung, Sozialleistungen auf Pump zu finanzieren – Sozialkürzungen würden schließlich den Verlust von Wählerstimmen bedeuten. “Demokratien gewähren zwar eine größere politische Partizipation; sie müssen aber in Kauf nehmen, dass diese zerstörerische Effekte auf die Staatsfinanzen hat“, warnt deswegen der Politikwissenschaftler David Stasavage.

Zugleich besitzen Demokratien jedoch ein stärkeres Vertrauen auf den Märkten und können sich daher auch mehr Geld leihen. Dies musste im 18. Jahrhundert bereits der französische König leidvoll erfahren, als das Land 1788 Staatsbankrott erlitt – der Auftakt zur Französischen Revolution hatte begonnen. Der Staatsbankrott ist jedoch vor allen Dingen deswegen verwunderlich, weil die Schuldenquote der (demokratischen) Briten viel höher war, die Zinsen jedoch niedriger. Die Briten konnten sich also mehr Geld zu besseren Konditionen leihen.

Demokratische Staaten nutzen Schulden als Investition für zukünftige Gewinne, während Autokratien vor allem an Renditen interessiert sind. Ironischerweise sind das nicht einmal immer besonders gute Renditen – zumindest nicht im Fall von Muammar al-Ghaddafi, wie ein Report der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG für Ghaddafi zeigt. Demnach haben westliche Investmentsfonds zwar Gebühren in Millionenhöhe für das Management der libyschen Fonds verlangt, aber nur äußerst bescheidene Gewinne erzielt.

Und auch Husni Mubarak musste kurz vor seinem Sturz tief in die Tasche greifen, um seine Staatskasse noch einmal aufzufüllen: beinahe 11% Zinsen verlangten Geldgeber für eine Schatzwechsel-Auktion über 1,6 Mrd. Euro im Februar diesen Jahres.

In der öffentlichen Debatte über die Finanzkrise, die folgende Depression und die Eurokrise werden Finanzmärkte und Staaten oft als klar voneinander getrennte Parteien – hier die “Märkte”, dort der “Staat” – gesehen. Die Thesen von James MacDonald, David Stasavage und anderen deuten jedoch eher darauf hin, dass es enge Verschränkungen zwischen beiden Systemen gibt, die auch unterhalb der offensichtlichen Marktbeziehungen verlaufen, die beide Akteure miteinander unterhalten.

Jenseits aller Konfliktlinien gibt es dabei auch eine Win-Win-Situation: eine gesunde Demokratie bietet Bürgern nicht nur Wohlstand und Sicherheit, sondern Banken auch gute Renditen. Ein Lichtblick in der Finanzkrise.

Foto: Martin Abegglen, WE & UBS, Lizenz: CC BY-SA 2.0

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