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Kein Chuck Norris: Ex-Politiker als Lobbyisten

Kein Chuck Norris: Ex-Politiker als Lobbyisten

Der Wechsel des Staatsministers im Kanzleramt Eckart von Klaeden zum Automobilkonzern Daimler sorgt für Aufregung. “Inakzeptabel” findet die Watchdog-Organisation LobbyControl die Personalie und fürchtet, dass “die Aussicht auf lukrative Jobs nach Ende der Amtszeit Anreize schafft, politische Entscheidungen zugunsten späterer Arbeitgeber zu treffen”. Die Lobby-Wächter fordern Merkel daher auf, Seitenwechsel in Zukunft zu begrenzen.

Solch eine Forderung schränkt nicht nur das Recht auf freie Berufswahl erheblich ein, sondern zeugt auch von einem geringen Vertrauen in die Kontrollfunktion der Medien und der Gesellschaft. Oder glaubt LobbyControl tatsächlich, von Klaeden würde dem Kanzleramt nun die Lobbypositionen von Daimler in den Block diktieren können ohne dass dies auffällt? Vielmehr gilt umgekehrt, dass von Klaeden doppelt überlegen muss, bevor er seinen Einfluss geltend macht, wenn er nicht mehr Schaden anrichten will als Gutes.

Bemerkenswertist auch die Annahme, dass die Beeinflussung von Positionen immer nur in einer Richtung stattfindet – von der Wirtschaft in die Politik, frei nach dem Motto: “wes Brot ich ess, des Lied ich sing”. Solche “Überzeugungstäter” finden sich allerdings weit häufiger im dritten Sektor als in der Industrie. Unternehmen – gerade auch in der Automobilbranche – wissen, welchen massiven Einfluss die Politik auf ihr Geschäft hat – und wollen sie deswegen besser verstehen.

Lobbyisten wie nun auch Eckart von Klaeden werden oft als Chuck-Norris-gleiche Superhelden gesehen, die alleine und bis an die Zähne mit Positionspapieren bewaffnet im Alleingang ein Gesetz durchpeitschen. Wer das glaubt, hat wenig Ahnung von der Politik. Lobbyisten verstehen politische Prozesse, wissen, wie man die richtigen Stellschrauben dreht und – ja – sie kennen auch die ein oder andere nützliche Telefonnummer.

Sie wirken allerdings auch in das Unternehmen hinein, erklären, welche Anforderungen Politik und Gesellschaft an ein Unternehmen stellen und helfen dabei, diese Ansprüche in einem Unternehmen zu verankern. Ehemalige Politiker in der Wirtschaft sind nämlich auch Lobbyisten in Sachen Demokratie – schließlich haben sie diesem System ihre Karriere überhaupt erst zu verdanken.

Foto: Carlos Killpack, Lizenz: CC BY-SA 2.0

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