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Können Parteien in Deutschland von Boris Johnson lernen?

Können Parteien in Deutschland von Boris Johnson lernen?

  • Ist die britische Suche nach einem Nachfolger von Boris Johnson ein Vorbild für Deutschland?
  • Der brutale Auswahlprozess in der Politik schadet der politischen Kultur, weil er Egoismus statt Empathie fördert.
  • Das Buch „Humanocracy“ zeigt eine andere Form von Organisation, die auf Inklusion statt auf Wettbewerb setzt.

Nicht ohne einen gewissen Grad von Bewunderung schreibt der Spiegel über die Suche nach einem Nachfolger für den britischen Premierminister Boris Johnson. In mehreren Kampfabstimmungen stimmen die Abgeordneten der Konservativen (und schließlich die Parteibasis) über den neuen Premierminister oder die neue Premierministerin ab.

„Demokratie als Kampfsport“, lobt der Spiegel und wünscht sich Ähnliches auch in Deutschland. Schließlich sei Wettbewerb ja auch im Sport, bei Bewerbungen oder bei Modelshows ein erprobtes Prinzip.

Allerdings: Alle diese Beispiele sind Nullsummenspiele. Eine gewinnt, der Rest verliert. In der Politik ist das anders. Klar, am Ende kann es nur einen Premierminister oder eine Premierministerin geben, aber er oder sie braucht weiterhin den Rückhalt seiner Fraktion.

In Österreich, in den USA und auch im Vereinigten Königreich konnte man sehen, dass „Bewegungen“ innerhalb von Parteien, die auf die Ausstrahlungskraft einzelner Politiker (hier kann man getrost beim Maskulin bleiben) setzen, nicht automatisch zu kompetenterem Führungspersonal führen.

Im Gegenteil: Der oft brutale Auswahlprozess im politischen Wettbewerb schadet der politischen Kultur, weil er auch innerhalb von Parteien (und nicht nur im Wettbewerb zwischen Parteien) zu einer „Wir-gegen-die“-Mentalität führt.

Stattdessen brauchen wir eine inklusive, partizipative und empathische politische Führung. In ihrem Buch „Humanocracy“ beschreiben Gary Hamel und Michele Zanini, wie Organisationen aussehen können, die ihre Mitglieder befähigen anstatt sie wie austauschbare Spielfiguren zu betrachten. Und warum sollte das nicht auch für Parteien gelten?

Nach einer Wahl betonen Politiker gerne, dass sie „Brücken bauen“ statt trennen wollen – nachdem sie zuvor ganz nach Hobbes’ Leitsatz „der Mensch ist des Menschen Wolf“ gelebt haben. Ich würde mir mehr Politiker wünschen, die durch die Kraft ihrer Ideen inspirieren anstatt ihre Gegner in Rededuellen niederzubrüllen.

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