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Warum die EU-Datenschutzreform zu kurz greift

Warum die EU-Datenschutzreform zu kurz greift

Daten sind das neue Öl der Weltwirtschaft, betonen Politiker inzwischen regelmäßig in ihren Reden. Der Vergleich hinkt allerdings, denn während Öl ein endlicher Rohstoff ist, sind Daten eher mit Investitionsgütern vergleichbar: sie verbrauchen sich nicht, sondern können kontinuierlich genutzt werden.

Die Frage ist also nicht „Wie viele Daten haben wir?“, sondern vielmehr „Welchen Mehrwert können wir aus den Daten generieren?“ Die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung, die vergangene Woche vom EU-Parlament beschlossen wurde und ab 2018 in Kraft treten soll, setzt der Datenverarbeitung allerdings nach wie vor enge Grenzen. Sie klammert sich immer noch an ein statisches Verständnis des Datenschutzes, das alle Daten für gleichermaßen schützenswert hält. Dabei hätte die Verordnung eigentlich die wachsende Dynamik der Datennutzung sinnvoll regeln müssen.

Der neuen Grundverordnung zum Datenschutz ist es nicht gelungen, einen zentralen Widerspruch in unserem Umgang mit Daten aufzulösen: Viele Nutzer weisen dem Datenschutz zwar abstrakt eine hohe Bedeutung zu (wie zuletzt eine Umfrage des Vodafone-Instituts zeigte). Im konkreten Fall wägen sie aber den subjektiven Wert ihrer Daten sehr genau mit dem erwarteten Nutzen von einer Dienstleistung ab – und entscheiden sich immer häufiger für die Freigabe ihrer Daten.

Wir brauchen also eine zeitgemäße Datenpolitik, die Menschen nicht entweder als schutzbedürftigen Nutzer oder als Rohstoff für Data-Mining-Firmen sieht, sondern es Bürgern und Datendienstleistern stärker ermöglicht, Daten differenziert zu betrachten.

Alle Daten gleich zu behandeln ist ein Fehler

Eine Unterscheidung zwischen unterschiedlichen Plattformen ergibt dabei wenig Sinn, weil heutzutage alle Firmen Daten-Firmen sind. Bei manchen Plattformen wie etwa sozialen Netzwerken ist der Tausch „Zugang gegen Daten“ offensichtlich. Aber auch nicht-kostenlose Plattformen wie Amazon erstellen umfassende Profile ihrer Nutzer.

Anstatt alle Daten gleich zu behandeln, sollte der Gesetzgeber stärker zwischen unterschiedlichen Daten (und unterschiedlichen Zwecken der Datennutzung) unterscheiden. Studien zeigen, dass Verbraucher verschiedenen Daten – von Kontaktinformationen bis zu Gesundheitsdaten – durchaus einen unterschiedlichen Wert zuweisen. Eine Differenzierung ist allerdings gesetzlich nicht vorgesehen. Die dafür nötigen Einwilligungen werden durch den aktuellen Entwurf extrem erschwert und sind für datenverarbeitende Unternehmen mit erheblichen rechtlichen Risiken verbunden.

Die intelligente Nutzung von Daten ist die Voraussetzung für die Lösung komplexer Probleme wie der Ausbreitung von Pandemien oder Staus in unseren Städten. Und so wichtig der Schutz von Verbrauchern vor digitaler Ausbeutung ist, so sehr ist auch das Bedürfnis der Verbraucher nach datengestützten neuen und besseren Dienstleistungen gerechtfertigt.

Deswegen müssen wir auch und gerade nach der Verabschiedung der Datenschutz-Grundverordnung eine gesellschaftliche Debatte darüber führen, welche Daten wir schützen und welche Daten wir nutzen wollen.

Dieser Beitrag ist im Original bei Gruenderszene.de erschienen.

Foto: © ellagrin (Fotolia.com)

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