Im Silicon Valley haben die Rocket-Internet-Gründer Marc, Oliver und Alexander Samwer nicht besonders viele Fans. Für die (insgesamt ziemlich einseitige) ZDF-Doku “Die große Samwer Show” (Youtube) haben die Redakteure von “Frontal 21” ein paar besonders missgünstige Kommentare eingefangen: “Ich hasse die Samwers. Ich hoffe, dass sie kaputt gehen!”, meint etwa Firmengründer Neil Blumenthal. Und Investor Jason Calacanis sagt: “Deutschland bekommt einen schlechten Ruf wegen der Samwer-Brüder.”
Oliver Samwer selbst entgegnet seinen Kritikern: “Die Leute, die sagen, dass wir bloß Copycats seien, müssen selbst entweder so originell sein wie Einstein – oder sie müssen anerkennen, dass es eine enorme Anstrengung erfordert, aus einer guten Idee ein großes Unternehmen zu machen.”
Kopiert wird auf beiden Seiten des Atlantik
Wie berechtigt ist also die Kritik an der “Copycat-Kultur” in Deutschland? Und sind US-Firmen wirklich immer innovativer als ihre europäischen Wettbewerber? Thomas Grota, Investment Director beim Risikokapitalgeber der Deutschen Telekom AG, hat einen gänzlich anderen Blick auf die Frage nach Innovatoren und Copycats: “Why Apple destroyed the B2C investment scheme for investors” lautet die Überschrift zu seinem Blogpost über den neuen Musikstreamingdienst Apple Music.
Für Investoren in “unicorns” wie Spotify stellt sich Grota zufolge die Frage nach der Zukunft dieser Firmen, wenn Internetgiganten beginnen, deren Geschäftsmodelle zu kopieren. Denn einerseits reduziert das die Chance eines Verkaufs der Firma an eben diese Internetkonzerne und andererseits entsteht durch die Konkurrenz mit den von Google, Apple oder Facebook unterstützten Wettbewerbern eine zusätzliche Hürde für den Börsengang. Beide klassischen Exit-Strategien – Verkauf und Börsengang – werden somit schwieriger.
Die richtigen Gesetze für ein digitales Ökosystem schaffen
Kopiert wird also auf beiden Seiten des Atlantik. Alles spricht dafür, dass Oliver Samwer Recht hat wenn er betont dass eine gute Idee alleine noch keine erfolgreiche Firma macht. Und trotz aller Marktmacht der großen Internetkonzerne: europäische Innovationen wie Spotify, Skype oder Wunderlist gelingt es immer wieder, große Nutzergruppen zu gewinnen und sich damit auf dem Markt zu behaupten. Kurz nach der Ankündigung von Apple Music gab Spotify bekannt, eine halbe Milliarde Dollar zusätzliches Kapital gesammelt zu haben. Klein beigeben werden die Schweden also nicht.
Aus politischer Sicht soll der digitale europäische Binnenmarkt dabei helfen, die Marktchancen für europäische Startups zu verbessern. Der Abbau von Handelsbarrieren kann aber nur ein Schritt sein. In der Harvard Business Review beantwortet der Autor Larry Downes kürzlich die Frage wie Europa ein eigenes Silicon Valley erschaffen kann mit einem einfachen Satz: “pass the right laws.”
Foto: Bankole Oluwafemi, Lizenz: CC BY-NC 2.0