Die ersten Tage an der Börse liefen nicht gut für Zalando und die Zalando-Mutter Rocket Internet: um die 20 Prozent hat die Aktie für beide Unternehmen seit dem Börsenstart verloren. Schon melden sich Anleger- und Verbraucherschützer zu Wort: “Der Gesetzgeber muss die Anleger schützen”, meint etwa der deutsch-amerikanische Ökonom Max Otte. “Ein Unternehmen soll erst an die Börsen gelassen werden dürfen, wenn es nachhaltig Gewinne macht.”
Der Vorschlag ist Quatsch, weil er Anlegern nicht mehr Schutz, sondern nur die Illusion von mehr Schutz gibt. Denn ein Aktienkurs ist immer eine Wette auf die Zukunft, keine Beschreibung der Gegenwart. Ein Unternehmen, das heute “nachhaltig Gewinne macht” und an die Börse strebt, kann morgen schon bankrott sein. Eine Restriktion bei Börsengängen würde den falschen Eindruck erwecken, Börsenunternehmen seien eine besonders nachhaltige Investmentklasse.
Kann man nichts tun, um Anleger zu schützen?
Doch. Man kann sie zum Beispiel auffordern, vor dem Zeichnen von Aktien einen Blick in den Börsenprojekt zu werfen. Zum Beispiel den von Rocket Internet (PDF). Dort steh in fett und kursiv auf Seite 3:
Nearly all of our companies have limited operating histories, are significantly loss making, have a negative operating cash flow, require significant capital expenditure and may never be profitable or cash generating.
Oder man klärt sie über die korrekten Einschätzung von Risiken auf, wie der Psychologe und Autor Gerd Gigerenzer in seinem Buch “Risiko. Wie man die richtigen Entscheidungen trifft” empfiehlt. Oft verwechseln Menschen “bekannte Risiken”, die sich durch Wahrscheinlichkeiten ausdrücken lassen, mit “unbekannten Risiken” (Ungewissheit), etwa über zukünftige Entwicklungen.
Dies trifft auch auf die Börse zu. In der Rückschau können Börsenergebnisse immer erklärt werden; vorhergesagt werden können sie nie. Und genau hierin sollte die Rolle von Verbraucherschützern bestehen: in der Aufklärung darüber, dass die Entwicklung der Börsenkurse immer ungewiss ist. Das wäre wesentlich ehrlicher als die Illusion, Börsengeschäfte durch noch mehr Regulierung sicherer zu machen.
Foto: Zalando