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Medienarbeit für Think Tanks: was Journalisten wollen

Medienarbeit für Think Tanks: was Journalisten wollen

Die deutsche Think-Tank-Landschaft ist nicht durch medial stark sichtbare, öffentlichkeitsorientierte Denkfabriken charakterisiert, sondern durch “Universitäten ohne Studenten”, die sich oft stärker am akademischen Diskurs als an der öffentlichen Debatte orientieren. Zwar sind Think Tanks in der Regel auch an einer gewissen Öffentlichkeit interessiert, vielen Researchern fehlt aber das Wissen, wie eine professionelle Pressearbeit aufgebaut werden muss.

Zunächst lohnt es sich, sich über die unterschiedlichen Bedürfnisse und Interessen von Wissenschaftlern und Journalisten klar zu werden, die Henry Farrell in The Monkey Cage beschreibt:

what political scientists are most interested in is the explication and explanation of the causal mechanisms underlying broad patterns of political outcomes.

Journalisten hingegen sind häufig nicht an einer ex-post-Analyse interessiert, sondern an der Vorhersage kommender Ereignisse:

what journalists are usually interested in from political scientists is prediction of single events or of the behaviour of individual actors. Smarter journalists are interested in explanation too, but it usually takes second place to the imperatives of a story that is usually driven by the news cycle

Im Umgang mit Journalisten sollte also nicht das eigene Mitteilungsbedürfnis im Mittelpunkt stehen, sondern das Informationsbedürfnis der Journalisten – was manchmal auch eine gewisse Frustationstoleranz erfordert. Langfristige Beziehungen zu Journalisten aufzubauen dauert seine Zeit, ist aber auch für Think Tanker von Vorteil: Journalisten sind oft extrem gut und vielseitig informiert. Sie können dadurch selber Informationen liefern, die außerhalb der eigenen Wahrnehmung liegen (etwa Informationen aus der Politik, aus Unternehmen oder aus Verbänden) und damit die akademischen Analysen der Think Tanker anreichern.

Ein paar Regeln sollten dabei beachtet werden:

  • Journalisten haben wenig Zeit: weil Redaktionen heute weniger Personal haben und der Nachrichtenzyklus immer schneller wird sind Journalisten chronisch überarbeitet. Wer den Eindruck erweckt, Zeit zu stehlen und nicht schnell auf den Punkt kommt wird schnell weggedrückt oder in den Papierkorb verschoben. Bei der Kontaktaufnahme hilft der Elevator Pitch.
  • Journalisten arbeiten effizient: für ausführliche Recherchereisen bleibt häufig nicht genügend Zeit und Think Tanker gehören in der Regel nicht zu den ersten Informationsquellen von Journalisten. Deswegen müssen Wissenschaftler den Medien proaktiv Material zukommen lassen, dass schnell und ohne große Änderungen nutzbar gemacht werden kann – in Print, TV, Online und im Radio.
  • Journalisten arbeiten tagesbezogen: Die Informationsangebote der Think Tanks müssen also an das Tagesgeschehen angedockt werden können.
  • Auch wenn die eigenen Pressestellen wichtig sind: der persönliche Kontakt ist wichtiger. Durch die neuen Medien verlieren Informations-“gatekeeper” – Medien, aber auch Institutionen wie Think Tanks – an Bedeutung; “personal brands”, die sich zum Beispiel über einen eigenen Blog aufbauen, gewinnen hingegen an Bedeutung. In den USA schreiben eine Reihe von Politikwissenschaftlern regelmäßig ihren eigenen Blog – und werden so auch von Journalisten wahrgenommen oder können Themen auf die Agenda heben. In Deutschland ist diese Art des medialen Outreach jedoch noch nahezu unbekannt – leider.

(Mit Hinweisen von John Sides).

Dieser Blogpost ist zuerst auf thinktankdirectory.org erschienen.

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