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The Political Startup

The Political Startup

Mein neuer Newsletter The Political Startup berichtet monatlich über Produktivitäts-Hacks, Management-Themen und spannende Macher aus dem Politik-Management und der Tech-Welt. Ihr könnt ihn hier abonnieren.

Die Idee eines „Politik-Startups“ ist nicht neu und auch nicht mit dem Silicon Valley verknüpft. In seinem 1984 erschienenen Buch „Agendas, Alternatives, and Public Policies” (Amazon-Link) beschrieb der amerikanische Politikwissenschaftler John W. Kingdon den „Multiple-Streams-Ansatz“ für politisches Agenda-Setting und prägte den Begriff des „politischen Unternehmers“.

John Kingdon unterscheidet in seinem „Multiple-Streams-Ansatz“ drei verschiedene „Ströme“ (streams):

  1. Der problem stream beschreibt ein politisches Problem, das nach einer Lösung sucht. Nach einem Flugzeugabsturz zum Beispiel werden Maßnahmen gesucht, die Sicherheit des Flugverkehrs zu erhöhen.
  2. Der policy stream umfasst die unterschiedlichen Akteure, die Vorschläge für eine Lösung unterbreiten. Dies können politische Parteien, aber auch Verbände und Gewerkschaften, NGOs oder Wissenschaftler sein. So könnte zum Beispiel die Gewerkschaft der Fluglotsen bessere Arbeitsbedingungen für ihre Mitglieder fordern oder der Anbieter eines neuen Sicherheitssystems dafür werben, die technischen Sicherheitsstandards im Luftverkehr zu erhöhen.
  3. Der politics stream spiegelt die politischen Mehrheiten und Machtverhältnisse wider.

„Politische Unternehmer“ verknüpfen die drei „Ströme“

Welche politische Antwort auf ein Problem gegeben wird hängt Kingdon zufolge von einem „politischen Unternehmer“ ab, der problem stream, policy stream und political stream miteinander verknüpft und somit eine politische Mehrheit für eine bestimmte Lösung eines konkreten Problems organisiert.

Im oben genannten Beispiel könnte ein sozialdemokratischer „Politik-Unternehmer“ der Position der Fluglotsen-Gewerkschaft zur Mehrheit verhelfen, während eine Regierung unter liberaler Führung vielleicht eher die Erhöhung technischer Sicherheitstsandards durchsetzen würde.

Die Beschreibung der drei Ströme zeigt, dass political stream und policy stream in der Regel relativ konstant sind – politische Mehrheiten ändern sich nur alle paar Jahre und auch die Positionen von Verbänden, Gewerkschaften und anderen Akteuren sind ziemlich stabil. Erst durch besondere Ereignisse wie eine Krise oder eine Verschiebung der Machtverhältnisse öffnet sich ein window of opportunity, dass politische Unternehmer nutzen können.

Kingdons Ansatz spiegelt die Dynamik der Politik wider

Der „Multiple-Streams-Ansatz“ bietet zwar sehr gute Instrumente für die nachträgliche Analyse von politischen Entscheidungen, allerdings hat er nur eine begrenzte Voraussagekraft, was insbesondere an den „politischen Unternehmern“ liegt, deren Erfolg – wie in der Wirtschaft – nur schwer vorherzusehen ist.

Aber gerade deswegen finde ich den Ansatz so relevant: mehr als andere in der Politikwissenschaft verbreitete Modelle ermöglicht er es, die zum Teil atemberaubende Dynamik des politischen Geschehens in die Analyse einzubeziehen.

Gesetzgebungsprozesse sind selten linear. Stattdessen gibt es Gutachten, Interviews, Proteste, Kuhhandel und andere Einflüsse auf politische Entscheider, die das Ergebnis eines Gesetzgebungsverfahrens erheblich verändern können.

Politik als Startup: viele Ideen, wenig Geld

Nun ist ein „politischer Unternehmer“ nicht immer gleich ein Startup, aber dennoch gibt es auch zwischen „politischen Unternehmern“ und Startups erhebliche Überschneidungen.

Schließlich haben Startups in der Regel zwar viele Ideen aber wenig Geld oder Prozesse, um diese umzusetzen. Und das gilt in ähnlicher Art und Weise auch für viele Politiker und ihre Mitarbeiter, Verbände und NGOs, Beratungsfirmen und Unternehmen.

Mit Methoden wie lean startup, Design Thinking, Scrum und Produktivitätshacks wie timeboxing, Deep Work und der Pomodoro-Technik machen viele Startups aus der Not eine Tugend. Auch etablierte Unternehmen wie etwa Bosch haben die Vorteile agiler Prozesse erkannt und beginnen, ihre Unternehmen nach den Prinzipien der New-Work-Bewegung umzubauen.

Disruptive Parteien sind in der Politik angekommen

Im Politikmanagement ist dieser Trend bislang kaum angekommen. Und natürlich: “Move fast and break things” mag ein geeignetes Motto für ein Startup sein – in der Politik ist Dinge zerstören selten ein vielversprechender Weg zur Wiederwahl.

Dennoch: der technologische Fortschritt wirft grundsätzliche Fragen darüber auf, wie wir das Zusammenleben in unserer Gesellschaft organisieren.

Und auch in der Politik hat das Nachdenken darüber begonnen, welche Antworten das politische System darauf finden soll

Die Financial Times schrieb vor kurzem darüber, wie Unternehmer das politische System disruptieren weil etablierte Parteien Schwierigkeiten damit haben, ihre Programme an die sich verändernde Wählerschaft anzupassen. En Marché in Frankreich und die Neos in Österreich sind ebenso Ausdruck dieses Trends wie die Alternative für Deutschland oder die nationalkonservative PiS-Partei in Polen.

Es ist also die richtige Zeit für politische Startups.

In der kommenden Ausgabe von The Political Startup geht es um das Thema Zeit-Management. Dabei interessiert mich, was eure Tipps für effektives Zeit-Management ist? Habt ihr eine besondere Methode? Nutzt ihr bestimmte Online-Tools? Was sind die größten Zeitkiller in eurem Alltag? Schreibt mir mit euren Erfahrungen!

[Tweet “”Politische Unternehmer” sind in der Politik angekommen – was können Sie von Startups lernen?”]

Foto: rawpixel / Unsplash

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