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SPD: Reformvorschläge aus dem Netflix-Abo

SPD: Reformvorschläge aus dem Netflix-Abo

Nach der krachenden Wahlniederlage bei der Bundestagswahl sucht die SPD nach einer neuen Strategie. In den vergangenen Wochen haben bereits viele Genossinnen und Genossen – von SPD++ über Olaf Scholz und Wolfgang Gründinger (um nur einige zu nennen) eine Reihe von Vorschlägen gemacht.

Vieles von dem, was bisher geschrieben wurde, teile ich, manches nicht. Die SPD neu zu erfinden wird nicht über Nacht gelingen, aber es ist möglich – das zeigt die Erfahrung der FDP in den vergangenen vier Jahren.

Auch hier habe ich immer wieder über die SPD gebloggt. Vieles von dem, was ich in der Vergangenheit geschrieben habe (zuletzt hier) ist immer noch relevant.

Für diesen Beitrag habe ich mich gefragt, was die SPD aus einigen der erfolgreichen TV-Serien der vergangenen Jahre lernen kann.

Bereit für die Borgen-Ära?

In Borgen kommt die charismatische Parteivorsitzende Birgitte Nyborg nicht an die Macht, weil sie die stärkste Fraktion anführt – ihre Partei ist nur drittstärkste Kraft. Aber die Moderaten sind als einzige in der Lage, eine Regierungskoalition zu formen. In einer stark fragmentierten politischen Landschaft ist nicht die Partei am stärksten, die die meisten Stimmen hat, sondern diejenige, die am anschlussfähigsten für mögliche Koalitionspartner ist.

Das ist auch das Erfolgsgeheimnis der CDU, die von Merkel neu erfunden wurde. Insofern hat Angela Merkels Meinungsforscher Matthias Jung recht, wenn er im Entstehen der AfD eine doppelte Chance für die CDU sieht:

Zum einen wird ihre Fokussierung auf die politische Mitte glaubwürdiger, wenn rechtspopulistische Positionen außerhalb der Union ihre Heimat finden. Und zum anderen wird es schwerer für Rot-(Rot-)Grün, zu parlamentarischen Mehrheiten zu kommen.

Allerdings: kurzfristig mag die AfD für die Union ein taktischer Vorteil sein, langfristig birgt die Etablierung einer Rechtsaußenpartei natürlich auch erhebliche Risiken für die CDU, wie das Beispiel der Linken in Bezug auf die SPD zeigt.

Für die Sozialdemokraten heißt das: statt eines Links-Rucks muss die SPD wieder zurück in die gesellschaftliche Mitte finden und die selbstmitleidige Nabelschau auf ihren Abstieg in ein selbstbewusstes – und attraktives – Angebot an die anderen politischen Parteien umwandeln. Die rot-grüne Ära hat gezeigt, dass die SPD gesellschaftlichen Wandel auch vor dem Hintergrund begrenzter nationalstaatlicher Handlungsmacht gestalten kann!

Integration á la Walking Dead

OK, am Ende von Staffel 6 sieht es nicht gut aus für die Gruppe rund um Rick Grimes. Aber es gibt dennoch ein paar wichtige Lektionen aus der Serie zu lernen. In einer extremen feindlichen Umgebung gelingt es Rick und seiner Gruppe nur zu überleben, weil sie zwei Grundregeln befolgen: ein starkes Gefühl der Verantwortung und des Zusammenhalts untereinander und zugleich eine Offenheit für neue Gruppenmitglieder, die bereit sind, diese Regeln zu teilen und sich damit in die Gruppe zu integrieren.

Das zeigt: neue Mitglieder in einer Gemeinschaft bedeuten nicht, dass man seine Werte verleugnen muss. Dass viele Menschen ihr Glück in Deutschland suchen, sollte uns stolz auf das Erreichte machen. Und wir sollten diesen Menschen die Möglichkeit geben, sich hier genauso für das Gemeinwesen einzusetzen wie sie es in ihrem Herkunftsland getan haben.

Die richtigen Schachzüge im Game of Thrones machen

Richtig und falsch sind bei Game of Thrones oft nur schwer zu unterscheiden. Dennoch schärft die Serie immerhin den Blick für die wesentlichen Konfliktlinien, die durch eine Gesellschaft gehen. Bei Gründung der Bundesrepublik war dies noch einfach: Stadt- und Landbevölkerung, Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Protestanten und Katholiken waren alle leicht zu identifizierende Gruppen mit homogenen Interessen.

Heute verlaufen die Grenzen eher zwischen den gut situierten Facharbeitern in der exportorientierten Industrie, die auf Freihandel angewiesen sind und den Mitarbeitern eines kleineren Mittelständlers, dessen Wettbewerbsfähigkeit durch billige Importe auf die Probe gestellt wird. Gerade für die SPD stellt das ein riesiges Problem dar.

Wähle Deine Seite weise! Die SPD muss deutlich machen, auf welcher Seite sie steht und in welchen Konflikten sie sich positioniert. Geht es ihr ganz machiavellistisch nur um den Eisernen Thron oder sieht sie die Gefahr der Weißen Wanderer und bereitet sich auf diese größere Auseinandersetzung vor? Und geht es ihr wie den Lennisters lediglich um den Erhalt ihrer Dynastie oder hat sie wie Daenerys Targaryen die Vision eines neuen Gesellschaftsmodells?

Yes, Minister und die Basis

Jim Hacker, die liebenswerte und zugleich bemitleidenswerte Hauptfigur in der brillianten BBC-Serie Yes, Minister erinnert in vielerlei Hinsicht an die “alte Tante” SPD. Das lesenswerte Schulz-Porträt von Markus Feldenkirchen im Spiegel (Blendle-Link) hat unter anderem gezeigt, dass die Schulz-Kampagne politische Führung mit dem Nachbeten von Umfragen verwechselt hat – genau wie Minister Hacker, der seinem Permanent Secretary erklärt, warum er stets auf seine Fokus-Gruppen schaut: “I am their leader – I must follow them.”

Statt dessen sollte sich die SPD lieber zu Herzen nehmen was Henry Ford angeblich über sein Verhältnis zur Marktforschung gesagt haben soll: “Wenn ich die Leute gefragt hätte was sie wollen, hätten sie geantwortet: schnellere Pferde.” Führung heißt nicht, es allen Recht machen zu wollen, sondern für seine Prinzipien einzustehen und zu versuchen, Mehrheiten dafür zu finden.

Und wo wir gerade bei Management-Tipps sind: die Harvard Business Review veröffentlichte vor kurzem einen lesenswerten Artikel, der beschreibt, wie die Umsetzung vieler Strategien daran scheitert, dass nicht ausreichend Kapazitäten aufgebaut werden um die Strategie auch tatsächlich umzusetzen.

Stattdessen würde mit den Ressourcen einer alten Strategie versucht, eine neue Strategie zu etablieren – womit wir wieder bei der mäßigen internen Organisation der SPD wären …

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Foto: Paul Hudson, Lizenz: CC BY 2.0

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