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Banken: “too big to fail” oder “failing big”?

Banken: “too big to fail” oder “failing big”?

Noch steht nicht fest, wer die Sozialdemokraten in den Bundestagswahlkampf 2013 führen wird – dafür gilt es als ausgemacht, dass die Bankenregulierung eines der Themen sein wird, mit dem die SPD bei den Wählern punkten will. Parteichef Sigmar Gabriel hat die Sommerpause für eine Breitseite gegen die Banken genutzt: “Die Bundestagswahl 2013 muss zu einer Entscheidung über die Bändigung des Banken- und Finanzsektors werden”, ließ er die Deutschen via Bild-Zeitung wissen. Im Falle eines Wahlsieges will der mögliche Kanzlerkandidat eine strengere Regulierung und ein Trennbankensystem einführen.

Aber nicht nur die Opposition verliert langsam die Geduld mit der Finanzwirtschaft. Auch die Abgeordneten von CDU/CSU wollen noch in dieser Legislaturperiode eine Finanztransaktionsteuer einführen, den Hochfrequenzhandel eindämmen und erstmalig die außerbörslichen Derivatemärkte regulieren. Und sogar Unternehmer kritisieren die Finanzindustrie inzwischen öffentlich: “Banken sind kein Selbstzweck. Sie müssen sich wieder mehr als Dienstleister der Realwirtschaft verstehen”, forderte BDI-Präsident Hans-Peter Keitel kürzlich im Handelsblatt.

Es gibt derzeit keine Branche in Deutschland, die so stark in der öffentlichen Kritik steht wie die Banken. Im Wahlkampf werden die Institute damit rechnen müssen, zum Spielball der politischen Parteien zu werden. Diese Gefahr hat auch der neue Co-Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank Anshu Jain erkannt. Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in Deutschland auf der Jahrestagung des CDU Wirtschaftsrats erklärte Jain: “Wir müssen unseren Vertrag mit der Gesellschaft erneuern”.

Das wird eine Herkulesaufgabe für alle Banken – nicht nur die Deutsche Bank – werden. Denn im Zuge der Eurokrise sind auch soziale Verteilungskonflikte wieder ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Besonders deutlich ist dies in den Vereinigten Staaten, wo die Arbeitslosenquote inzwischen über 8% beträgt.

Hier zeigten nicht die Banken, sondern eine Kaffehauskette, wie man in Krisenzeiten die Menschen für sich gewinnt: Im März 2011 hat Starbucks seine Kunden dazu aufgerufen, 5 Dollar oder mehr für ein Programm zur Arbeitsplatzbeschaffung zu spenden. Das Unternehmen selbst steuert die Infrastruktur bei und übernimmt die Verwaltungskosten. “This is about using Starbuck’s scale for good,” meint Starbucks-CEO Howard Schultz.

Auf europäischer Ebene wird es noch in diesem Herbst eine Gelegenheit für die Banken geben, sich zu positionieren, denn die Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen bereitet zur Zeit ein Reformpaket für das Privatkundengeschäft vor. Dabei geht es unter anderem um das Basiskonto für Jedermann, einfachere Regeln für das Wechseln seiner Bank und mehr Transparenz bei Bankhonoraren. Insbesondere in Bezug auf die Transparent bei Bankhonoraren ist die Kommission enttäuscht über die bisherige Selbstregulierung der Branche. Die meisten Bürger werden direkt durch diese Reformen betroffen sein – und die Banken können dabei zeigen, dass sie eine wichtige Infrastrukturdienstleistung erbringen.

Nicht nur die Köpfe, sondern auch die Herzen der Menschen zu gewinnen – darauf kommt es für die Banken nun an. Gelingt ihnen nicht der mediale “turnaround”, könnte sich die Finanzindustrie bald in einer ähnlichen Lage befinden wie die großen deutschen Energieversorger, die zu lange die öffentliche Ablehnung der Kernenergie ignoriert haben.

Der berühmte Satz Milton Friedmans, dass die soziale Verantwortung von Unternehmen alleine darin bestehe, den Profit zu vermehren, stimmt heute nicht mehr. Kunden geht es nicht mehr nur um günstige Produkte, sondern auch um die Identifikation mit einer Marke. Unternehmen – egal ob sie aus dem Finanzsektor oder einer anderen Branche stammen – werden sich in Zukunft deswegen nicht alleine darauf verlassen können, dass sie “too big to fail” oder “systemrelevant” sind. Sie müssen auch zeigen, dass sie gesellschaftlich relevant sind.

Anmerkung: Dieser Blogpost ist zuerst am 13. September 2012 bei berlin+ erschienen, dem Politikblog der Public-Affairs-Bratung g+ germany. Wenn Sie berlin+ abonnieren und regelmäßig E-Mails mit aktuellen Beiträgen zur deutschen und europäischen Politik und Wirtschaft bekommen wollen klicken Sie bitte hier.

Foto: Torsten Maue, Lizenz: CC BY-SA 2.0

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  • Wir sind auf jeden Fall an einem Wendepukt angelangt. Danke übrigensfür den Hinweis auf die Aktion von Starbuck’s, die kannte ich noch nichtund werde sie mir gleich mal genauer ansehen…

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