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Abbas Khider: “Es geht nicht um Macht”

Abbas Khider: “Es geht nicht um Macht”

Wie tief die arabische Revolution die Region tatsächlich verändert merkt man vielleicht nicht, wenn man mit Politikern, Militärs, Journalisten oder Geheimdienstlern spricht. Man ahnt es jedoch im Gespräch mit dem im Irak geborenen und in Berlin lebenden Schriftsteller Abbas Khider, dessen Buch “Die Orangen des Präsidenten” vor Kurzem erschienen ist.

Khiders eigene Lebensgeschichte ist beklemmend: Im Alter von 17 Jahren wurde Khider von der irakischen Miliz wegen des unerlaubten Verteilens von Flugblättern verhaftet und erlebte im Gefängnis Hunger, Gewalt und Folter. Seine Mitgefangenen – darunter viele Philosophen, Künstler und Intellektuelle – nahmen sich ihm zugleich an und sahen in dem Jugendlichen ihren “Lehrling”. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis erreicht Khider über viele Umwege, die er in seinem Buch “Der falsche Inder” beschreibt, die Bundesrepublik und lässt sich hier nieder.

[aartikel]3894017333:right[/aartikel] Im Februar reiste Khider nach Kairo, um die Proteste auf dem Tahrir-Platz selbst zu erleben und seine Schilderungen zeigen, dass die Revolutionen in der arabischen Welt nicht – wie die arabischen Militärputsche der 1950er und 1960er Jahre – bloß eine oberflächliche Veränderung sind, sondern eine tiefgreifende Transformation: “Ich glaube das Geheimnis dieser Bewegung in der arabischen Welt ist die Einfachheit. Dieses Mal geht es nicht um Macht, dieses Mal geht es um das Mensch sein, um Stolz, um Würde”, so Khider. Zum ersten Mal sei die Stimme der jungen Generation in der arabischen Welt lauter zu hören als die der Alten. Die Revolutionen haben den Menschen der Region gezeigt, dass nicht nur die Amerikaner oder die Islamisten etwas ändern können, sondern die einfachen Menschen.

In einem Leitartikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schreib FAZ-Herausgeber Günther Nonnenmacher deswegen treffend: Sollte sich Gaddafi in Libyen an der Macht halten, wäre dies für die Europäer “nicht nur peinlich, sondern auch gefährlich”. Schließlich habe Gaddafi seine Rachsucht schon mehrmals bewiesen. Die EU hat ein ureigenes Interesse am Gelingen der Revolution in Libyen und dem Rest der arabischen Welt, gerade weil es nicht bloß um Macht, sondern um Menschen geht. Dennoch tut sie sich mit der Unterstützung der Gaddafi-Gegner schwer. Ohne die Hilfe des Westens wird die friedliche Transformation der arabischen Welt jedoch möglicherweise nicht gelingen.

Das ganze Interview mit Abbas Khider gibt es bei YouTube zu sehen, eine Rezension seines Buches “Der falsche Inder” bei “Kreuzberg liest”. Live kann man Khider bei der 13. Langen Buchnacht am 14. Mai 2011 in Berlin sehen.

Foto: Amrei-Marie, Abbas Khider, Lizenz: CC-BY-SA 3.0/de

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